Mit Luftbildarchäologie auf den Spuren vergangener Zeiten
Eine nicht ganz alltägliche Sicht auf Eitensheim und dessen Umgebung konnten die zahlreichen Gäste bei einem Vortragsabend des Heimatvereins zum Thema „Eitensheim aus der Luft“ gewinnen. Rudolf Hager hatte als Referent für diesen Vortrag aus seiner schier unendlichen Bildersammlung eine interessante Diareihe zusammengestellt, die so viele Gäste anlockte, dass das Sportheim bis auf den letzten Platz gefüllt war.
Bereits seit 22 Jahren hat sich Hager der Luftbildarchäologie verschrieben und versucht dabei aus der Vogelperspektive Eindrücke von der Erdoberfläche zu gewinnen, die vom Boden aus nicht zu erzielen sind. Durch diese „Sicht von oben“ werden „Spuren“ entdeckt, die Aufschluss über längst vergangene Zeitepochen ermöglichen. Gemeinsam mit dem Piloten Michael Hoedt startet Rudolf Hager mit zwei Spiegelreflexkameras ausgestattet vom Flugplatz Eichstätt aus und nimmt dabei Kurs auf die nähere Umgebung. Während des Fluges werden alle archäologisch interessanten Gegebenheiten auf Film gebannt.
Beim Rundflug gilt das Augenmerk jedoch nicht nur den sogenannten obertägigen Denkmälern wie zum Beispiel Ruinen, Hügelgräber oder Gräben, sondern vielmehr den untertägigen Denkmälern, die vom Boden aus nicht sichtbar sind. Um diese untertägigen Geschichtsdenkmäler zu entdecken, ist ein geschultes Auge erforderlich. Die manchmal nur sehr schwach ausgeprägten Konturen von ehemaligen Siedlungs- und Befestigungsanlagen heben sich aufgrund der Bodenverfärbungen ab, die am Besten in Getreidefeldern erkennbar sind. Entscheidend für eine erfolgreiche Erkundung ist aber der Zeitpunkt der Befliegung. Manchmal ist aufgrund der veränderten Fruchtfolge ein mehrjähriges Warten erforderlich, um frühere Entdeckungen wieder zum Vorschein kommen zu lassen.
Für diese geschichtliche Entdeckungsreise werden einige natürliche Hilfsmittel genutzt. Dabei sind die Schattenmerkmale zu nennen, die in Verbindung mit Schneelage und Sonneneinstrahlung noch verstärkt werden. Weiter geben hierzu die Wassermerkmale, besonders bei überschwemmten Flächen, interessante Aufschlüsse. Die meist genutzten Hilfsmittel für die geschichtliche Interpretation sind jedoch die vom Feuchtigkeitsgehalt des Bodens abhängigen Bewuchsmerkmale, die sowohl positiv (stärkerer Bewuchs), als auch negativ (geringerer Bewuchs) ausgeprägt sein können.
Die Wertung der Funde und die damit verbundene Zuordnung zu den einzelnen Zeitepochen erfolgt aufgrund eines Formen- und Strukturvergleiches von bereits an anderen Orten gemachten und nachweisbaren Funden. Hager gab aber zu bedenken, dass ein zuverlässiger Nachweis nur über Grabungen zu erhalten sei, um die Annahmen zu bestätigen.
Während in einer Fundkarte aus dem Jahre 1926 lediglich ein steinzeitlicher Fund bei Eitensheim dokumentiert ist, sind in einer Karte des Jahres 1972 bereits sehr viele Funden aus der Steinzeit und der Bronzezeit sowie von römischen Gutshöfen um Eitensheim dargestellt. In der heutigen Zeit sind bedingt durch den riesigen Flächenverbrauch für Straßen, Wohnsiedlungen und Gewerbeflächen und den damit verbundenen archäologischen Untersuchungen und Grabungen eine Vielzahl von Funden auf dem Eitensheimer Gemeindegebiet bekannt.
Die bei der „Spurensuche“ und dem „Fährtenlesen“ vom Flugzeug aus gemachten Entdeckungen sowie die bei Ausgrabungen ans Tageslicht geförderten Funde wurden von Rudolf Hager in einer zeitgeschichtlichen Reise aufgezeigt. Die ältesten Funde stammen aus der Alt- und Mittelsteinzeit und sind von Nomaden genutzte Faustkeile, die bei der Windhöhe zum Vorschein kamen. Das Skelett des „ältesten Bauern in unserer Region“ wurde 1998 im Baugebiet „Breitenstückl“ bei Ausgrabungen freigelegt. Aus der Jungsteinzeit (4500 bis 3500 v. Chr.) wurden Bohrkerne und ein Amulett entdeckt. Im Baugebiet „Steigäcker“ wurde erst vor drei Jahren ein großes Gräberfeld aus der Glockenbecherzeit (etwa 2300 v. Chr.) freigelegt. Aus den über 20 Einzelgräbern wurde eine Vielzahl von seltenen Grabbeigaben geborgen. Zwischen Eitensheim und Gaimersheim wurde eine gerundete Anlage mit einer Umwallung bzw. Gräben als Kultplatz aus der Bronzezeit (1800 bis 750 v. Chr.) aus der Luft lokalisiert.
Südlich vom Friedhof und nördlich der Reinboldsmühle wurden befestigte Hofanlagen mit Erdwällen aus der Hallstattzeit (750 bis 500 v. Chr.) erkannt. Die vielen Hügelgräber, vor allem im Gabelholz sowie zwischen Eitensheim und Buxheim, sind der Hallstattzeit oder der vorhergehenden Bronzezeit zuzuordnen. Zwischen Eitensheim und Tauberfeld wurde bei der Biburg eine Keltenschanze (500 bis 15 v. Chr.) als eine nach den Himmelsrichtungen ausgerichtete viereckige Wallanlage entdeckt.
Von der Römerzeit (15 v. Chr. bis 233 n. Chr.) zeugen noch viele sogenannte „villa rustica“, die meist an Quellen bzw. am Wasser von ehemaligen Legionären angelegt wurden. Diese Gutshöfe sind beim Steinberg nahe der Bahnlinie, bei der Zufahrt zur Ziegelei, beim Kastenbrunnen und bei der Sebastianskapelle anzutreffen. Eine „Vorzeigevilla“ ist zwischen Eitensheim und Gaimersheim aus der Luft erkennbar. Als Highlight präsentierte Hager eine noch Niemanden bekannte, erst vor kurzem in der Nähe der Bundesstraße Richtung Gabelholz entdeckte „villa rustica“. Die von Wolkertshofen nach Gaimersheim verlaufende Römerstraße schneidet die Eitensheimer Flur bei der Leuchtturmkapelle und ist im Luftbild sehr gut erkennbar.
Kritisch sprach Heimatforscher Hager an, dass aufgrund von Einsparungen für die Luftbildarchäologie immer weniger Haushaltsmittel vom Staat bereit gestellt werden und somit das Landesamt für Denkmalpflege keine Flüge mehr in Auftrag geben kann. Damit zeichnen sich kulturelle Verluste ab, da das Wissen um unsere Vorgeschichte im Dunkeln bleibt. Derzeit wird der gesamte Bereich der Luftbildarchäologie nur noch von ehrenamtlichen Helfern abgedeckt, die diese Leidenschaft als Hobby auf eigene Kosten betreiben und das „Wieder Auferstehen lassen von früheren Relikten unserer Geschichte“ anstreben.