Vortrag über die Wallfahrtsstätten in der Region
Referent Andreas Hirsch wies zu Beginn seines öffentlichen Vortrags darauf hin, dass fast in allen Religionen der Welt die Menschen zu ihren Wallfahrtsstätten pilgern und dort Hilfe, Trost, Heil und Erbauung suchen.
Am bekanntesten sind:
– im Islam: Mekka, die Geburtsstadt des Propheten Mohammed
– im Hinduismus: rituelles Bad im heiligen Fluss Ganges (bei Benares)
– im Judentum: Berg Sinai und Gebet an der Klagemauer
Die jährlichen Besucherzahlen mit christlichen Zielen geben ein Zeugnis, wie modern Wallfahrten ist.
Basilika der Jungfrau von Guadalupe in Mexiko 20 Mio. Pilger
Rom 18,5 Mio. Pilger
Aparecida in Brasilien 8 Mio. Pilger
Tschenstochau in Polen 5 Mio. Pilger
Lourdes in Frankreich 4 Mio. Pilger
Fatima in Portugal 4 Mio. Pilger
Altötting 1,2 Mio. Pilger
Der Begriff „Wallfahrt“ bedeutet „in eine bestimmte Richtung ziehen – unterwegs sein“. Die Begriffe Betfahrt, Pilgerfahrt, Pilgerreise sind ebenfalls gebräuchlich. Während man beim Pilgern eher von einer Einzelangelegenheit ausgeht, meint man unter Wallfahrten meist eine größere organisierte Gruppe.
Wallfahrten und Pilgerreisen können gemäß ihres Anlasses in drei Gruppen eingeteilt werden: religiöse / rechtliche / weltliche
religiöse: Frömmigkeit, Buße, Ablassgedanke, Bitte um Fürsprache (Sorgen, Not, Elend, Krankheit), Trost, Dank (Heilung, Rettung, Hilfe)
rechtliche: Gelübde, verordnete Buße, Sühne für eine Straftat
weltliche: Abenteuer- und Reiselust, Erlebnis einer religiösen Gemeinschaft
besondere Form:
Die Kreuzzüge im 12. und 13. Jhd. wurden von den Päpsten als Wallfahrt zur Rückeroberung Jerusalems und der Grabstätten der Apostel aus den Händen der Mohammedaner mit der Gewinnung eines vollkommenen Ablasses eingestuft.
Im Mittelalter hatten die Pilger, damit man sie erkennen konnte, eine besondere Tracht: ein langer dunkler Mantel, ein breitrandiger Hut mit Aufschlagkrempe, eine Pilgertasche, eine Trinkflasche, einen Pilgerstab und eine Geldkatze.
An den Wallfahrtsstätten wurden zumeist Wallfahrtskirchen errichtet. Sie wurden an den Stellen erbaut, an denen sich verschiedene Wunder (dazu zählen auch sogen. Hostien- und Naturwunder) ereignet haben sollen. An den großen Wallfahrtsorten entstanden neben den Beherbergungsstätten oft auch Hospitäler, Suppenküchen und Wärmestuben.
Andreas Hirsch zeigte noch die vielfältige Ikonographie (wissenschaftliche Beschreibung) der Bilddarstellungen in den Wallfahrtskirchen auf.
Im zweiten Teil befasste sich der Referent mit der kulturellen und historischen Entwicklung des Wallfahrtswesens in den Orten der näheren Umgebung – es sind nahezu 50 Wallfahrtsstätten im Umkreis von 20 km bekannt. Andreas Hirsch stellte die Legenden und Sagen der vielen Gebetsstätten vor. Manche Pilgerstätten gibt es schon seit vielen Jahrhunderten. Andere aber sind im Laufe der Zeit wieder verschwunden.
Über folgende Wallfahrtsstätten wurde berichtet:
Arnsberg, Appertshofen, Bergen, Bergheim, Bettbrunn, Buchenhüll, Eichstätt (St. Walburg, Dom, Mariahilf Kapelle, Frauenberg), Eitensheim, Erkertshofen, Erlingshofen, Etting, Feldkirchen, Gaimersheim (Pfarrkirche, Gnadenkapelle), Haunwöhr, Hundszell, Hitzhofen, Ingolstadt (Münster, Franziskanerkirche), Lippertshofen, Meilenhofen, Möckenlohe, Pettenhofen, Pollenfeld, Rackertshofen, Schambach, Unsernherrn, Walkerszell, Wasserzell, Wettstetten, Zandt
Die älteste Wallfahrtsstätte, die schon seit 1125 in einer Legende überliefert wurde, ist Bettbrunn.
Die Kapelle St. Salvator in Eitensheim wurde im Jahre 1589 als Wallfahrtskirche zur Sühne für einen Hostienfrevel errichtet. Um den Bau der Kapelle ranken sich drei Legenden; diese (Überlieferung) sind:
„Vor etlich hundert Jahren gingen zwei Burschen aus dem Dorfe Eitensheim mit einer freien Dirn und schlugen einer den anderen wegen der Dirn auf den Tod. Darauf brachte man dem Halbtoten das hochwürdige Gut, sobald er solches empfangen, gab er es von sich, weil er falsch gebeichtet. Den anderen Tag, als der Bauer auf der Stelle ackern wollte, wo die Hostie gelegen, wollten die Pferde nicht weiter, sondern fielen nieder gleichsam ihren Schöpfer zu erkennen und zu verehren.“ An dieser Stelle (im Boden eingelassene Steinplatte) wurde die Kapelle errichtet.
„Es soll sich mit der hl. Hostie daselbst ein wunderbarer Vorgang ereignet haben, indem ein Bösewicht, der bei seiner Verfolgung verwundet wurde. Ob dieses Gebrechens konnte er die ihm als Seelentrost gereichte Hostie nicht zu sich nehmen, worauf sie allmählich in den Boden versank, wie ein Loch im Boden am Hochaltar bezeugt.“
„In unserem Dorf lebte und arbeitete ein fleißiger und braver Knecht der jeden Tag die Frühmesse besuchte. Sein Dienstherr, ein rechtschaffener Bauer, war froh darüber, dass der junge Mann schon in aller Herrgottsfrühe aufstand und sich beim hl. Altarsakrament die Kraft für sein schweres Tagwerk holte. Wie es damals Brauch war, kam der Knecht zu einem anderen Herrn. Dieser hielt nichts vom tiefen Glauben seines Untergebenen und schickte ihn schon beim ersten Vogelgezwitscher hinaus zur Feldarbeit. Somit konnte der fromme Knecht die Messe nicht mehr besuchen. Nun überlegte er was er tun könnte, um die Kommunion trotzdem zu empfangen. Am nächsten Sonntag (nur noch an diesem Tag des Herrn durfte er die Kirche aufsuchen) schob er heimlich die hl. Hostie in sein Gebetüchlein und bewahrte sie darin sorgsam auf. Am nächsten Tag, als in der Kirche gerade die Messe begann, nahm er sein Andachtsbüchlein aus der Rocktasche, um insgeheim auf dem Acker die Eucharistie mit zu feiern. Durch ein Missgeschick entglitt ihm aber die geweihte Hostie und fiel auf die Erde. Als er sie aufheben wollte, gelang ihm dies trotz aller Anstrengung nicht. Er lief sogleich so schnell er konnte in das Dorf und holte den Pfarrer. Doch auch dieser vermochte die Hostie nicht zu bergen. Erst dem Bischof von Eichstätt, den man zu Hilfe rief, gelang es das Allerheiligste Gut aufzuheben. Genau an der Stelle, wo dieses Mirakel geschah, steht jetzt im Gottesacker die kleine Kapelle.“
Gläubige aus elf umliegenden Gemeinden kamen damals zum Wallfahrten nach Eitensheim.